Im Landmarkt wird von Herbert Steinberg der historische Backofen angeheizt und Roggenmischbrot hergestellt
WP vom 16.08.2025 von Peter Müller, Foto: Peter Müller
Die Älteren kennen ihn noch: Den Duft in den Dörfern und Städten. Der Geruch von Holzofen, Sauerteig und Wurstebrühe, von Brot, Brötchen und Kuchen hatte etwas Vertrautes und Anheimelndes, genau wie der sonntägliche Duft des Sauerbratens mit Rotkohl.
Heute gibt es meist nichts mehr zu erschnuppern. Das Backen der Brote und das Kochen der Würste und des Schinkens findet meist in Betrieben weitab vom Konsumenten statt. Stadt und Land duften nicht mehr.
In Mellen ist das noch etwas anders. Hier wird einmal im Monat die Zeit zurückgedreht und im Landmarkt der historische, über 100 Jahre alte, holzbefeuerte Backofen angeheizt und ein traditionelles Roggenmischbrot gebacken. Der Duft wird zum Denkmal.
Die Idee, den Backofen wieder in Betrieb zu nehmen, hatte Björn Freiburg schon vor Jahren. „Hier in der Backstube der ehemaligen Bäckerei Steinberg wollte ich Brot aus Mellen für die Mellener backen“, erklärte er.
„In meiner Familie haben fünf Generationen das Brot gegessen. Das ist Tradition seit Uropa Franz bis hin zu meinen eigenen Kindern. Früher haben die Steinbergs der großen Familie Freiburg in Balve-Beckum mehr als zehn Brote in der Woche geliefert“, erinnert sich Freiburg.
Der Steinofen war noch weitgehend funktionstüchtig. Nur die Backstube bedurfte einer Renovierung. Durch die Förderung des Leaderprojektes gab es Geld. Damit kam die Backstube in Gang.
Herbert Steinberg steht mit 76 Jahren am Ofen
Bäckermeister Herbert Steinberg ist 76 Jahre alt und steht hier an jedem ersten Wochenende im Monat am Ofen, den er von Kindesbeinen an kennt. Bis 2013 betrieb er hier eine Gastwirtschaft, einen Lebensmittelladen und die Bäckerei. „Den Ofen der Firma Wirth aus Dortmund hat mein Großvater bauen lassen“, erklärt Steinberg, der 1969 seine Prüfung zum Bäckermeister ablegte. Mit dem Bäckerwagen belieferte er Beckum, Balve, Langenholthausen und Garbeck.
Die Maschinen der Bäckerei haben auch etwas museales, funktionieren allerdings immer noch perfekt.
Am Donnerstag werden alle Vorbereitungen getroffen: der Sauerteig wird angesetzt. Da der alte Ofen immer fast einen Monat lang nicht benutzt wird, muss er deutlich länger angeheizt werden. In den seitlichen Befeuerungen verschwinden viele Holzkloben. Kanthölzer aus Buchenholz für den späteren Backkasten, der benötigt wird, um die Brote im Ofen zusammenzuhalten, liegen im Wasser. „Die Kanthölzer sollen im Ofen nicht verbrennen“, so Herbert Steinberg, der den inzwischen fertigen Teig abwiegt, portioniert und in eine Maschine gibt, die aus den einzelnen Portionen dicke Rollen formt. 1,5 Kilogramm soll ein Brot am Ende wiegen.
In der Backstube verbreiten sich Wärme, der Geruch von brennendem Holz und der Duft von Sauerteig. Die Teigrollen werden mit einem Trennmittel eingestrichen und auf einem Holzregal dicht nebeneinander gelegt.
Mit der Bäckerfahne fegt Herbert Steinberg durch den Ofen
Nach einer längeren Ruhezeit wird ein Teil der Rohlinge gebacken. Mit einem nassen Lappen, der an einem Stab befestigt ist, der sogenannten Bäckerfahne, fegt Herbert Steinberg durch den Ofen. Es zischt und Dampf entweicht. „Jetzt baue ich den Kasten“, kündigt der Bäckermeister an und schiebt die ersten Kanthölzer hinten, sowie links und rechts in den Ofen. Dort hinein schiebt er die noch rohen Brotlaibe und verschließt den Kasten auch nach vorn. „Jetzt bleiben sie zwei Stunden im Ofen“, sagt er. Wenn die Brote fertig sind, wird er sie aus dem Ofen holen. Inzwischen duftet es auch draußen nach gutem Brot.
Am Samstag geht es mit einer weiteren Ofenladung weiter. Björn Freiburg ist inzwischen eingetroffen und schneidet die Brote vom Vortag an der Schneidemaschine auf. „Wir müssen die Brote in den Laden bringen. Gleich kommen die ersten Kunden“, mahnt er. Schnell geht es mit dem Regal auf Rollen nach oben in den Laden.
Franz-Josef Griese ist bereits dort und wartet auf das Brot. „Ich bevorrate es, das geht wunderbar, wenn man es einfriert. Ich liebe es, für mich gibt es keins, das besser schmeckt!“